EINE STADT SIEHT EINEN FILM

SUPERMARKT VON ROLAND KLICK

ONLINE - EDITION 27. & 28.02.2021  hamburgweit • bundesweit • global

IN KOOPERATION MIT PANTAFLIX

Vielen lieben Dank an alle, die zugeschaut haben! Wir sind ganz erfreut, dass unsere Online-Edition so gut angekommen ist. Danke für eure Treue, euer überwältigendes positives Feedback auf diversen Kanälen! Nachstehend veröffentlichen wir die für die Online-Edition eigens produzierten Bonusmaterialien.

SUPERMARKT VON ROLAND KLICK

BRD 1973, 84 min., FSK 16

Mit Charly Wierzejewski, Michael Degen, Eva Mattes, Walter Kohut, Hans-Michael Rehberg, Eva Schukardt, Kamera: Jost Vacano, Titelsong: Komposition und Text Roland Klick, Gesang: Marius West (heute: Marius Müller-Westernhagen), Verleih 1970er: Constantin, heute: Filmgalerie 451

Zum Event

Das beliebte Gemeinschaftsprojekt der Hamburger Arthouse- und Programmkinos geht online. Die Kinos haben während der Pandemie bereits seit über drei Monaten wieder geschlossen, so dass wir unbedingt ein Lebenszeichen an unser Publikum senden wollen. Nun tragen wir unsere jährliche Kinoveranstaltung, bei der an einem Sonntag alle Hamburger Programmkinos einen Hamburger Kultfilm in ausverkauften Häusern zeigen, in das World Wide Web.

 

Das Herzstück der gemeinsamen Kinoveranstaltung ist traditionell die Reise des Filmteams durch die Kinos, die Kinogespräche und natürlich eine Drehorttour an die Originalschauplätze. All dies machen wir nun in einer charmanten Online-Variante möglich.
ABLAUF DER ONLINE-AKTION

Am 27. und 28. Februar 2021 wird bundesweit der Film und das zugehörige Rahmen- und Filmprogramm der Streamingplattform Pantaflix angeboten. Das Online-Event ist über www.eine-stadt-sieht-einen-film.de sowie auch über die Websites der 17 teilnehmenden Kinos vom 27. Februar 00:00 bis zum 28. Februar 23:59 abrufbar. Das Streaming ist kostenfrei.

 

RAHMENPROGRAMM IM STREAM
  • INTERVIEW mit Regisseur Roland Klick
  • DREHORTFÜHRUNG mit Hauptdarsteller Charly Wierzejewski an Originalschauplätze: u.a. Reeperbahn, Elbtunnel, Villa Jako
  • GESPRÄCH mit der Schauspielerin Eva Mattes
  • INTERVIEW mit Kameramann Jost Vacano
  • ARCHIV-INTERVIEW 1997 mit Klick und Vacano
BEGLEITENDES FILMPROGRAMM IM STREAM
  • JIMMY ORPHEUS (1966) - Klicks atmosphärisches, mittellanges Debüt über eine Nacht im Leben eines Hamburger Hafenarbeiters in Schwarz/Weiß-Ästhetik
  • ROLAND KLICK - THE HEART IS A HUNGRY HUNTER (2013) - Dokumentarfilm von Sandra Prechtel über das filmische Werk Roland Klicks mit schönen Interviewsequenzen

AUSSERDEM BEREITS VOR DEM KLICK-WOCHENENDE

  • FOTOAUSSTELLUNG ZU DEN DREHORTEN auf filmtourismus.de ab dem 15.2.
  • FOTOAUSSTELLUNG IM ÖFFENTLICHEN RAUM ab dem 15.2. in Hamburg
  • QUIZ zum Film mit Gewinnspiel (T-Shirts und Original-Aushangfotos zum Film, Kinoplakate, Freikarten für die Hamburger Kinos) ab dem 15.2.
  • LIVE-QUIZ zum Thema "Der Supermarkt im Film" am 23.2. 20.00 per Zoom "im" Abaton

Die EINE STADT SIEHT EINEN FILM ONLINE - EDITION ist eine gemeinsame Veranstaltung der Hamburger Arthouse- und Programmkinos mit Unterstützung der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein sowie der Streamingplattform Pantaflix und des Filmverleihs Filmgalerie 451.

Zum Film

Mit SUPERMARKT präsentieren wir diesmal Roland Klicks Milieu-Thriller mit spannenden Drehorten und einer Zeitreise in das Hamburg der 1970er Jahre. SUPERMARKT ist eine noch zu wenig bekannte Perle der deutschen und der Hamburger Filmgeschichte. Das muss sich ändern! Worum geht's?

 

Das Einzige, das in Willis Leben auf den Straßen Hamburgs der 1970er-Jahre sicher ist, ist die Endgültigkeit der Abwärtsspirale, die ihn hinunterzieht. Der gerade volljährige Kleinkriminelle irrt ohne echte Chance auf eine bessere Zukunft zwischen dem Bruchbuden-Unterschlupf seines Ganoven-Kumpels Theo, dem Sofa des zwar hilfsbereiten, aber letztendlich doch karriere-motivierten Reporters Frank und den Betten reicher Freier umher und schafft es trotz Hilfsangeboten Außenstehender nicht, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen. Erst in der Liebe zu der Prostituierten Monika erfährt Willi einen Schimmer Hoffnung, doch nur weil es ihr noch schlechter ergeht als ihm, wird daraus noch lange nichts besser.

 

SUPERMARKT ist eine Milieu-Studie im Gewand eines temporeichen Kriminalfilms, ohne aber seine Intentionen zu verbergen. Statt eines moralisierenden Zeigefingers, der in jener Zeit unter den Filmemacher*innen üblich gehoben wurde, überzeugt der deutsche Genrefilm mit schonungsloser Direktheit. Mit der Wahl Charlie Wierzejewski als Hauptdarsteller entschied sich Roland Klick gleichsam für Authentizität statt Schauspielausbildung; reale Erfahrungswerte durchdringen Willis Bewegungen, ob er vor Polizisten wegrennt oder sich voll routiniertem Frust von einer weiteren erstickten Zukunftschance abwendenden muss, ohne zu zögern weiterzieht, abgeklärt, ständig getrieben, bis ihm wirklich nichts und niemand mehr bleibt.

 

Man hat das Gefühl, Willi in die beengten Kneipen zu folgen und mit ihm hinausgeworfen zu werden, weil wir nicht genug Kohle oder einfach die falsche Frisur haben, glotzen zusammen im Kreise der übrigen Passanten auf Monika herab, wie sie sich Spaghettireste vom Kopfsteinpflaster in den Mund schiebt, fühlen aber auch, wie klebrig die Wimperntusche auf den Wangen trocknet und wie erbarmungslos der Wind durch die Ritzen des Abrisshauses am Hafen pfeift, in dem Theo seine Schießübungen direkt im Flur abhält. Kein Blick über Straßenbahnbrückenhöhe hinaus, es gibt kein dahinter, kein danach, nur das, was unmittelbar vor unseren Augen passiert. Und wenn man einen Schritt Abstand von der zermürbenden Perspektivlosigkeit der proletarischen Protagonist*innen nimmt, kann man kurz staunen über das Bild, das Hamburg vor fünfzig Jahren abgegeben haben muss: prunkvoll für die Reichen an der Elbchaussee, kippenstummelübersät abweisend für die Randgruppen, geprägt von Schwellenräumen wie Bahnhöfen und Brachen, die von letzteren nie für einen Übergang genutzt werden können.


Backgroundstories

Arbeiten am Plakat „Supermarkt“. Eine Nacherzählung des berühmten Plakatgestalters Peter Sickert.

 

"Wie immer - oder fast immer - gab es praktisch keine Fotos. Beim Standfotograf wurde immer gespart (Ausnahme Wim Wenders). Bei Filmen in schwarz-weiß konnte man hinterher noch Fotos von der Leinwand abfotografieren. Das war hier nicht möglich, weil die ganze Kampagne nicht nach „Kunstfilm“ aussehen sollte. Die Constantin und Theo Hinz wollten viel breiter werben. Wir brauchten also Fotos vom Hauptdarsteller. Der konnte aber nicht, oder durfte nicht nach München kommen. Wir mußten ihn in Berlin fotografieren. Rolands Wunsch, und auch Theos Wunsch, war ein Foto von Charly mit „Tommy-Gun“. Roland und ich flogen nach Berlin mit einer Tommy-Gun im Koffer, vom Kostümverleih Breuer in Schwabing. Die Maschinenpistole war natürlich nicht funktionsfähig - sah aber echt aus. Roland wollte Kreuzberg als Kulisse. Roland inszenierte, ich fotografierte. Ich habe die ersten zehn oder zwölf Belichtungen gemacht - da kam die Polizei. Wir wurden verhaftet. Die glaubten uns kein Wort. Im Gegenteil. Die waren sich sicher einen großen Fang gemacht zu haben. Wir saßen drei bis vier Stunden im Revier, wurden dann aber zum Flughafen eskortiert. Die MP wurde dem Flugkapitän von der PanAm übergeben, der uns zurück nach München flog. Eine Stewardess übergab uns den Koffer mit der MP am Schalter in München. Sie sah uns an, als wären wir der letzte Abschaum. Theo Hinz meinte am nächsten Tag, daß er uns durch seine Telefonate vor dem Knast bewahrt hat. Wir waren schon reichlich naiv. Das Plakat wurde dann von uns illustriert, nach einem der Berliner Fotos. Ein anderes Foto wurde als „Pressefoto“ genommen."