Roland Klick

Roland Klick, geboren 1939 in Hof, positionierte sich im Neuen Deutschen Film bewusst gegen die Konventionen der Sechzigerjahre, da er sie publikumsfeindlich fand und strebte statt dessen ein aktionsorientiertes Kino an. Diese Haltung stieß auf einigen Gegenwind von anderen Filmemacher*innen jener Zeit. Auf horchten dagegen sowohl das Publikum als auch die Kritiker*innen; seine drei ersten Kurzfilme wurden mit Festivalpreisen ausgezeichnet, auch mit seinen Langfilmen DEADLOCK (1970) und SUPERMARKT (1974) erzielte er beträchtliche Erfolge, die auch internationalen Kollegen wie Tarantino und Spielberg nicht entgingen. Doch statt nach Hollywood abzuwandern, blieb er in Deutschland und riskierte mit seinen Folgeproduktionen wie WHITE STAR (1983) wiederholt seine finanzielle Existenz. Nach nur sieben Filmen kehrte er der Filmwelt 1989 den Rücken zu und arbeitet seitdem als Dozent in Filmhochschulen und an theoretische Schriften. Klick bleibt bis heute legendär für seine polare Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit und deren Abbildung im Film.

 

Wir zeigen im Rahmenprogramm von EINE STADT SIEHT EINEN FILM ONLINE-EDITION seinen ersten längeren Spielfilm JIMMY ORPHEUS (1966) - eine Nacht im Leben eines Hamburger Hafenarbeiters.

Charly Wierzejewski

Als Sohn einer Arbeiterfamilie unter vierzehn Geschwistern stand Charly Wierzejewski nie der Sinn danach, Schauspieler zu werden. Vielmehr rutschte er in die Branche hinein, als er 1969 im Rahmen einer „Heimkampagne“ aus einem Lehrlingswohnheim in Bremerhaven nach Frankfurt in eine links-studentische Kommune kam. Drei Jahre später machte eine gemeinsame Freundin ihn mit Regisseur Roland Klick bekannt, der ebenfalls Erfahrung mit dem Milieu hatte und ihn als Hauptdarsteller für SUPERMARKT castete. „Ich war gerade selbständig, arbeitete bei der Roten Hilfe und hatte aber vor allem auf eines Lust: ein Abenteuer“ sagt Wierzejewksi in einem Interview mit Jungle World. Danach drehte er noch für kleinere Produktionen wie Michael Fenglers SCHATTENBOXER, arbeitete im Münchner Filmverlag der Autoren, 1973 zeitweise als Rudi Dutschkes Leibwächter und führte in Westberlin Kneipen und Cafés.

Eva Mattes

Eva Mattes, geb. 1954 in Tegernsee, gehört zu den größten Akteurinnen des Neuen Deutschen Films, mit zwölf Jahren begann sie bereits ihre Karriere als Schauspielerin. Ohne je eine Schauspielausbildung absolviert zu haben, ist sie bis dato in ca. zweihundert Kino- und Fernsehfilmen und Theaterproduktionen zu sehen gewesen, unter anderem unter der Regie von Peter Zadek, Werner Herzog und Rainer Werner Fassbinder, von 2002 bis 2016 als Tatortkommissarin Klara Blum. Ihre Karriere, in der sie bis heute über hundert Hörspiele einlas und als deutsche Stimme der Pippi Langstrumpf unsterblich wurde, begleitet einige Skandalproduktionen, wie Michael Verhoevens Vietnamkriegsfilm O.K., dessen umstrittene Teilnahme 1970 zum Rücktritt der Jury der Internationalen Filmfestspiele Berlins führte. Drei Jahre später boykottierte der Bayrische Rundfunk die Ausstrahlung des Dramas WILDWECHSEL wegen zu expliziter Sexszenen im Zusammenhang der Verführung einer Minderjährigen. Im gleichen Jahr ist sie aber als Monika in Klicks SUPERMARKT zu sehen, mit blonder Perücke und charakterstark, wie sie es in ihren Folgerollen beibehalten sollte.

Michael Degen

Bekannt aus zahlreichen Krimi-Klassikerin wie DERRICK, TATORT und DER ALTE ist Michael Degens Gesicht ein vertrautes. Geboren 1932 in Chemnitz ist seine Kindheit geprägt vom Tod seines jüdischen Vaters, der im KZ Sachsenhausen gefoltert und traumatisiert wurde. 1946 begann er seine Ausbildung an der Schauspielschule des Deutschen Theaters in Ostberlin, erhielt dort sein erstes Engagement und ging 1949, mit 17, für zwei Jahre in den neugegründeten Staat Israel, wo er bei den Kammerspielen mitwirkte. 1951 spielt er bereits wieder beim Berliner Ensemble von Bertolt Brecht. Es folgt eine lange und erfolgreiche Karriere in den Schauspielhäusern Deutschlands, 1973 gab er sein brillantes Debut vor der Filmkamera in Roland Klicks SUPERMARKT. 1999 veröffentlichte er seine Erinnerungen an die NS-Zeit als Roman NICHT ALLE WAREN MÖRDER, der 2006 für die ARD verfilmt wurde. Heute ist Degen besonders als Autor tätig, 2018 war er im Historiendrama DAS LETZTE MAHL von Florian Frerichs als Jacob Glickstein zu sehen, dessen Familie am Tag der Machtergreifung durch Hitler zusammenkommt.

Walter Kohut

Facettenreich und vielschichtig interpretierte Walter Kohut besonders eindrucksvoll die zwielichtigeren Charaktere, unter deren oftmals gefasstere Masken er eine Unberechenbarkeit brodeln ließ. Geboren am 20. November 1927 in Wien gründete er mit Flakhelfer Helmut Qualtinger, den er im Zweiten Weltkrieg kennenlernte, 1944 in Wien die „Mozart-Bühne“. Nach dem Krieg durchlebte er eine beachtliche Theater-Karriere. Am Wiener Volkstheater begann er ab 1947, als Zwanzigjähriger, mit der Rolle des Arthurs in „Verwirrung der Jugend“ von Eugene O'Neill unter der Regie von Günther Haenel, besonders gerühmt wurde seine Darstellung als Julius Flint in Johann Nestroys „Mein Freund“ 1955 und als Franz Moor in Schillers „Die Räuber“ (Regie: Gustav Manker). 1960 wechselte Kohut nach Uneinigkeiten über eine Rollenbesetzung an das Theater in der Josefstadt.

 Ab 1949 war er auf der Leinwand zu sehen, sein Debüt hatte er in jenem Jahr in einem „Aufklärungsfilm“, danach folgten Rollen u.a. in „Walter Korth“, „Die Brücke von Arnheim“, „Kassbach“ und dem Fernsehfilm „Geschichten aus dem Wiener Wald“ von 1961. Für seine Darbietung als Kleinganove Theo in Roland Klicks „Supermarkt“ erhielt er 1974 den Deutschen Filmpreis als „Bester männlicher Nebendarsteller“. Während der Dreharbeiten zu „Panische Zeiten“ erlitt Kohut am 14. Januar 1980 einen Kreislaufkollaps, an dessen Folgen er am 18. Mai 1980 in Innsbruck verstarb. Sein Grab befindet sich in Wien neben dem seiner Ehegattin Immy Schell.

Jost Vacano

Expressiv, dynamisch, neu. Jost Vacano, geboren 1934 in Osnabrück, ist einer der renommiertesten Kameramänner aus Deutschland, dessen Karriere nach einem Studium der Elektrotechnik in München im Jungen Deutschen Kino begann und bis heute in Hollywood anhält. Seine eigenwillige, da autodidaktisch geprägte Bildgestaltung, die immer in Bewegung zu sein scheint, sprengte nicht nur die Konventionen des Erzählkinos, sondern trieb auch das Voranschreiten der technischen Entwicklung der Kameramobilität voran. Vacanos Schaffen beeinflusste aktiv die Geschichte des Films, legendär und oscarnominiert sind seine Kamerafahrten für DAS BOOT von 1980. Für Roland Klick stand er zwei Mal hinter der Kamera, wobei er für seine Arbeit an SUPERMARKT mit dem Filmband in Gold ausgezeichnet wurde. Die Rastlosigkeit des Protagonisten spiegeln sich meisterhaft in der Bewegungsdynamik der Kameraführung wieder. 2020 errang er vor dem BGH ein Grundsatzurteil, das eine angemessene Vergütung für Filmschaffende zum Ziel hat, deren Initiallohn in krassem Missverhältnis zum Erfolg der Produktion steht.

Bildquelle: filmportal.de

Marius Müller-Westernhagen

Sänger und Schauspieler Marius Müller-Westernhagen wurde 1948 in Düsseldorf geboren und gilt mit 12,1 Mio. verkauften Tonträger als einer der erfolgreichsten Musiker Deutschlands. Mit vierzehn Jahren war er das erste Mal im Film zu sehen, seine Rolle in DIE HÖHERE SCHULE von 1960 machte ihm Lust auf die Branche, er schmiss die Schule. Über Umwege gelang er zur Mittleren Reife, interessierte sich aber mehr für Musik und zog für seine Gesangsausbildung nach Hamburg. Unter dem Namen Marius West veröffentlichte er 1972 seinen ersten Track, das Titellied zu Roland Klicks SUPERMARKT, in dem er auch den Protagonisten Willy synchronisiert. Zwischen Plattenvertrag und Kinoleinwand-Durchbruch 1980 mit der Hauptrolle des ewigen Sprücheklopfers Theo in der Komödie THEO GEGEN DEN REST DER WELT entscheidet er sich nach erfolglosen Wiederholungsversuchen des Kassenschlagers schließlich komplett für die Musik. Und trifft mit seinen persönlichen deutschen Texten direkt in die Herzen der Teenager. Heute kann er auf eine lange Schaffensgeschichte voller Hochs und Tiefs zurückblicken, nicht alle musikalischen Entscheidungen kamen gut an bei den Fans. In Erinnerung blieb Westernhagens Protest gegen die Echo-Vergabe an die Deutschrapper Kollegah und Farid Bang 2018, denen er riet, die Gedenkstätte Auschwitz persönlich zu besuchen. Für 2020 war eine Live-Tour geplant.

Westernhagen ist hier zu sehen mit Udo Lindenberg auf seiner MTV Unplugged-Tour. Lindenberg hat für die Einspielung des Songs "Celebration" das Schlagzeug übernommen.

Bildquelle: Deutschlandradio.de